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Brücke 20.0

Anfang Juni hat sich die Mánes-Brücke im Prager Stadtzentrum für einen Tag komplett verwandelt. Aus einer Brücke, die normalerweise dazu dient, die beiden Moldauufer miteinander zu verbinden und über die Menschen häufig von einer Seite auf die andere eilen, wurde ein Ort, an dem sich Tausende Stadtbewohner und Besucher davon überzeugen konnten, wie vielfältig, attraktiv und erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Tschechen ist. Die Mánes-Brücke wurde so zum Symbol für über zehntausend vom Zukunftsfonds geförderte deutsch-tschechische Projekte und Brücken zwischen beiden Völkern.

Die Sonne schien und die Besucher haben Musik, Theater und gutes Essen genossen, oder einfach das entspannte Beisammensein und miteinander Reden.

Beide Seiten der Brücke wurden von zwei großen Bühnen eingerahmt, auf der abwechselnd Musiker aus Tschechien und Deutschland auftraten. Auf der Kleinseitener Bühne konnten die Besucher vormittags ein Musical von Schülern der Prager Grundschule für deutsch-tschechische Verständigung und des Thomas-Mann-Gymnasiums hören. Beide Schulen treffen sich seit vielen Jahren regelmäßig mit ihren Partnerschülern aus Heilbronn und verstehen sich auch über die Musik hinaus miteinander.

Auf der Brücke wurden den Besuchern vielfältige Aktivitäten und Workshops angeboten: Glasbläser aus Nový Bor (die Berufsoberschule für Glasbläser und die Mittelschule Nový Bor) brachten einen Glasbläserofen mit und so konnten die Besucher mit eigenen Augen sehen, wie Glas verarbeitet wird. Torsten Rötzsch, ein Künstler vom BildWerk Frauenau, verzierte anschließend gemeinsam mit den Besuchern das Glas.

Der Friseursalon der Organisation DoKrajin wiederum bot Frisuren mit deutsch-tschechischer Thematik an. Die Friseure verlangten dafür kein Geld, sondern wer sich frisieren lassen wollte, musste als Gegenleistung seine eigene deutsch-tschechische Geschichte erzählen.

Dank der Organisation DEPO2015 aus Pilsen konnten die Besucher in einem Handwerksworkshop ausprobieren, was sie mit ihren eigenen Händen alles gestalten können. Und in einem Öko-Workshop der Ökologischen Bildungsstätte Burg Hohenberg konnten die Besucher herausfinden, wie sie der Umwelt nicht schaden, sondern sie schöner machen können.

Auf großes Interesse stieß unsere Diskussions-Straßenbahn auf der Brücke. Sie beförderte die Reisenden nicht geographisch, sondern erweiterte ihnen den Horizont.

In der Straßenbahn fanden Diskussionen über die Vergangenheit und Gegenwart der deutsch-tschechischen Beziehungen statt, an denen sich die Diplomaten und Politiker Libor Rouček, Tomáš Kafka, Christoph Israng und Bernd Posselt beteiligten.

Eine weitere Diskussion war einer aktuellen Frage gewidmet, die viele Tschechen und Deutsche beschäftigt: wie sieht gutes Wohnen aus? Es debattierten Christian Schmidt, führender deutscher Experte zu innovativen Wohnformen aus dem Atelier ifau, Lenka Burgerová, Architektin, Kunsthistorikern, Pädagogin und Stadträtin von Prag 7 sowie Osamu Okamura, Kurator des Projekts Shared Cities. Nach der Diskussion luden sie Interessierte noch auf einen Spaziergang über die Brücke ein, um urbanistische Probleme im Prager Stadtzentrum zu erörtern.

Was genau macht der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds? Darüber konnten die Straßenbahngäste mit Petra Ernstberger und Tomáš Jelínek, den Geschäftsführern des Fonds, diskutieren.

Und schließlich ging es in der Diskussions-Straßenbahn noch um das große Thema Desinformationen und ihren Einfluss auf die gegenseitige Wahrnehmung von Deutschen und Tschechen. Darüber sprachen mit den Besuchern Pavel Polák und Kilian Kirchgeßner, Preisträger des Deutsch-tschechischen Journalistenpreises.

Zur Stimmung auf der Brücke trug auch der „open mike“ bei, an dem beginnende Künstler die Gelegenheit hatten, der Öffentlichkeit ihr Talent vorzuführen. Ein Stück weiter befand sich der Stand des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds. Wer wollte, konnte sich hier bei unseren Referenten darüber informieren, was der Fonds macht und was man alles mit Hilfe des Fonds machen kann.

Direkt auf der Brücke konnten die Passanten auch Fußball-Kunststücke des Freestylers Petr „Kari“ Karásek bewundern und gemeinsam mit ihm ihre Beweglichkeit trainieren. In einem kleinen Park am Kleinseitner Ende der Brücke wiederum bot die Deutsch-tschechische Fußballschule Trainings an und Sportler vom SC Weiding organisierten Sportspiele für Menschen mit Behinderungen.

Wer sich künstlerisch betätigen wollte, konnte sich an der Gestaltung einer Streetart-Wand beteiligen, die die Hillersche Villa vorbereitet hatte. Feuerwehrleute aus Řevnice demonstrierten anlässlich des Nachbarschaftsfest gemeinsam mit ihren Kollegen aus Kayna der Öffentlichkeit, wie eine sympathische Partnerschaft zwischen tschechischen und deutschen Gemeinden und Verbänden funktioniert.

Das Nachbarschaftsfest fand nicht nur auf der Brücke, sondern auch an beiden Moldau-Ufern statt. Am Altstädter Ufer befand sich ein Literaturcafé, in dem  literarische Werke präsentiert wurden, die der Fonds unterstützt hat. Weiter wurden hier schwierige Kapitel aus der Vergangenheit thematisiert (die Organisation Post Bellum stellte ihren Comic über Zwangsarbeit vor). Und die Besucher bekamen Einblicke in den Roman Nationalstraße von Jaroslav Rudiš, in einer szenischen Lesung von Alexander Swoboda vom Bremer Theater).

Wer wollte, konnte die entspannte Atmosphäre auf der Brücke auch auf Bänken, Liegen und Fatboys genießen, die auf der gesamten Brücke verteilt waren. Im Klárov-Park wiederum beobachteten viele Besucher im Gras sitzend die Theaterbühne, auf der abwechselnd Vorstellungen für Kinder und Erwachsene stattfanden sowie Sprachanimationen, die die Organisation Tandem vorbereitet hatte.
Auf der Kleinseite stellten sich mit ihren Ständen auch viele Organisationen vor, die sich langfrisitig deutsch-tschechischen Themen widmen. Unter den zwanzig beteiligten Institutionen waren z.B. der Verein Antikomplex, der die Passanten zum Nachdenken darüber aufforderte, was sie mit sich auf die Reise nehmen würden, wenn sie ihr Zuhause verlassen müssten. Weiter die Mittel- und Fachoberschule für Medizin aus Jihlava. Die Mediziner waren nicht nur darauf vorbereitet, sich im Notfall um die Passanten zu kümmern, sondern sie demonstrierten ihnen in simulierten Situationen auch, wie man Erste Hilfe leistet.

Die Ausstellung Gerettetes Kulturerbe stellte den Besuchern einige Baudenkmäler vor, an deren Renovierung sich der Zukunftsfonds beteiligt hat. Die Passanten erfuhren hier, wie es um die Baudenkmäler Anfang der 1990er Jahre stand und wie sie heute aussehen.

Der abendliche Auftritt der deutschen Band Kraftklub schließlich brachte die bis auf den letzten Platz gefüllte Mánes-Brücke buchstäblich zum Tanzen.

Vielen Dank an alle, die uns geholfen haben, diese großartige Veranstaltung vorzubereiten!